Zeit für Kultur
  Kultur in verlassenen Räumen
 


Hugo von Hofmannsthal
J   E   D   E   R   M   A   N   N
Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

 

Im Mittelalter hatte das „geistliche Spiel“ in vielen Kirchen einen festen Platz. Das Volk und die Theaterwelt waren fest verbunden. Zu dieser Zeit und in dieser Tradition entstanden auch die Aufzeichnungen eines allen Zeiten gehörenden, allgemein gültigen Märchens, dem Spiel vom Sterben des reichen Mannes.

Jedermann, der Haus und Hof sein Eigen nennt und bei dem selbst große Truhen nicht ausreichen, seine Schätze zu bergen; der für die Gründung einer Familie keine Zeit hatte, der Schulden ohne Erbarmen eintreibt und Bettlern gegenüber knauserig ist. Für Jedermann ist das alles in rechter Ordnung.

 

Aufführungen des Dramas sind dokumentiert aus England ( Everyman aus dem Jahre 1495) sowie in der Komödie „ Comedi vom sterbend reichen Menschen“ von Hans Sachs aus dem Jahre 1549.
Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929) hat die Thematik erneut bearbeitet. Die Uraufführung im Jahr 1911, unter der Regie von Max Reinhard in Berlin, wurde ein sensationeller Erfolg.
Garanten waren der ursprüngliche, farbige jedoch eher kantige Text, die holzschnittartige Zeichnung der Figuren, die einfallsreiche Kulisse und die hochkarätigen Schauspieler. Die Aufführungsbedingungen waren ungewöhnlich üppig. Umfassende komplizierte Bühnenaufbauten über hundert Mitwirkende, Choristen Tänzer und Musiker und nicht zuletzt das große Glockengeläut, begleitet von brausenden Orgelklängen. So wurde auch die erste Aufführung 1920 auf dem Salzburger Domplatz zu einem Triumph, der bis heute die alljährlichen Festspiele ungebrochen krönt.
An diese weltweit beachtete Tradition knüpft das Kölner JEDERMANN-Projekt an und öffnet die Tore des Domes. So kann der neu überarbeitete Text mit seiner ebenso alten wie dringenden Botschaft zu einer einzigartigen Symbiose mit dem Weltkulturerbe, dem „Hohen Dom zu Köln“ werden und diesem damit  einmal mehr die ihm gebührende weltweite Aufmerksamkeit  zukommen lassen.

 

 


JEDERMANN  IM KÖLNER DOM   Planung 2027

 


 

Gute acht Jahre sind seit der ersten Planung vergangen, doch die Machbarkeit des Jedermann in Köln auf dem Roncalli musste letztendlich fallen gelassen werden, denn die  zahlreichen Bauvorhaben um den Roncalliplatz  hätten die Aufführungen für weitere Jahre blockiert.
Ich habe mich daraufhin  entschlossen das Projekt JEDERMANN im Dom zu realisieren.
Die Resonanz meiner ersten Kontaktsuche war überschwänglich bis zurückhaltend. Legt man die recht freizügigen Neuinszenierungen der letzten Jahre zugrunde wird klar, dass dieser Stoff von einst wieder zurück in die Kirchenmauern gehört. Die schlichte, aber zentrale und intensive Botschaft des  Jedermann ist dringlicher denn je geworden.

Bühnen  und Zuschauer
Die Mitwirkenden agieren in verschiedenen Gruppen auf großen runden  Podesten, die sich über die  gesamte  Bodenfläche des  Domes verteilen. Dabei gibt es, je nach Thematik, Wechselmöglichkeiten zwischen den einzelnen Spielflächen. Nur der Tod hat eine unveränderbare zentrale Position.
Absoluter Mittelpunkt des Spieles ist das stetig heranwachsende überdimensionale  holografische Kreuz. Es wird das Gesamtbild zunehmend dominieren. Vor der letzten (13.Szene) wird sich in  einer infernalischen Sprach- und Geräuschkulisse dieses Kreuz in den
„lachenden Tod“ (Bildband Kaplan Falken) verwandeln.
In diesem Zentrum agieren nur Jedermann als Spielmacher  und sein Gesell.
Das auf dem Boden sitzende  Publikum, der Dom wird ohne Bänke sein,  befindet sich so in der Mitte des Geschehens, wird zu Mitwissern.

Kostüme
Normale, eher dunkle Straßenkleidung mit wechselbaren Accessoires, um so auf einen gewissen gesellschaftlichen Status hinzuweisen.
Einzig sind Jedermanns Tischgesellschaften einheitlich gewandet, unterstreichen so ihre marionettenhaften Bewegungsmuster.

Ton und Licht
Durch die ausgefeilte Sprechtechnik ist eine sensible Mikrofonierung unerlässlich.
Die akustischen Vorgaben im Dom (Nachhall) werden bewusst mit in die Inszenierung eingearbeitet.
Es gibt außer dem Hologramm keinerlei farbiges Licht.

Musik
Chorwerke, die live aufgeführt werden:
1. Lux aeterna von G. Ligeti
2. Monteverdi /Schütz
Liveband
- für die Eröffnung
- für kurze musikalische Sequenzen
- für den Übergang zur 13. Kreuzwegstation.
J.S.Bach BWV 974 2. Satz
Schlussszene ohne Text Szene Tod/Jedermann
Die Musik (1) von Ligeti ist dem Wachsen des holografischen Kreuz  vorbehalten, sollte aus dem Off kommen und sich flächig über die Gesamtszene legen.
Diese Musik dient auch einem Positionswechsel der Schauspieler.
Der Schütz/ Monteverdi (2) ist für die Mutter, Buhlschaft und Tod vorgesehen.
Die Liveband für das kurze Opening max. 30 Sekunden
Bei Soloeinsätzen allerdings mit auf die Bühne
Schlussszene Kreuz nicht tonal !
Schluss 13.Szene Tod /Jedermann Bach Vorproduktion.

INSZENIERUNG
Außer wenigen Textkürzungen bleibt der Originaltext erhalten.
Deutlich verändert sich die Szenenabfolge und damit die Bezüge der handelnden Personen zueinander.
So tritt Jedermann in einer Doppelfunktion auf. Er ist auch zugleich der Spielführer des Ganzen.
Dreizehn Kreuzwegstationen bilden das dramaturgische Gerüst. Sie sind exakt in Wort und Gestik durchkomponiert und thematisieren die Untugenden vom alltäglichen Machtmissbrauch wie dem „Nichtzuhören“, dem „Weghören“, „Überhören“, all das kulminiert letztlich in einem diktatorischen „Machtmissbrauch“, das flehende Anliegen des in die Jahre gekommenen und doch so zeitlosen Stückes.
Je nach Thematik spielen sich alle Szenen auf mehreren großen kreisrunden Podesten ab, die sich über die gesamte Spiel-und Zuschauerfläche verteilen.
Durch die räumliche Trennung der Schauspieler auf die unterschiedlichen Spielebenen ergeben sich so ungewohnte Reize. Beispielhaft das Trinkgelage der Reichen mit den Bettlern auf weit auseinanderliegenden Plateaus. Sie werden zu einer Wortschlacht über die Köpfe der Zuschauer hinweg. Auch kann es natürlich Personenwechsel auf den verschiedenen Spielebenen geben. Dialoge können somit über große Distanzen hinweg geführt werden und erreichen damit unmittelbar den Zuschauer.
Alle Szenen sind klar durch die Jedermann-Rufe in sich abgeschlossen. Das Mosaik wird erst langsam im Resümee zu einem Ganzen zusammengefügt. Die Inszenierung lässt sich mit einem großen Crescendo vergleichen, in dem zwingend durch Sprache, Musik und das überdimensional wachsende Kruzifix zu einer in alle Richtungen auslegbaren Botschaft verschmilzt.
Das turbulente Ende der 12. Kreuzwegstation geht über in ein vierminütiges wortloses Finale.
Eine wesentliche Rolle spielt die Musik, die sich wie ein Klangteppich über die Gesamtszenen legt. Sie soll polarisieren, ausgleichen, Nachdruck verleihen.
Jedermann, der einen abgenutzten Teddybären gedankenverloren hinter sich herzieht, versucht auf seinem letzten einsamen Weg durch das Berühren aller Umstehenden einen Kontakt herzustellen. Doch seine tastenden Versuche lassen sein jeweiliges Gegenüber zu Stein erstarren.
Diese textlose Szene endet in einer übergeordneten Metapher, als der Tod sein Werkzeug den Jedermann gelangweilt zurücknimmt.

DIE  ALLEGORISCHEN FIGUREN

Im "Jedermann" treten neben realen Personen  auch einige allegorische Figuren auf. Dazu gehören:

D i e  W e r k e 
sind gute Taten, die man in der Fülle seines Lebens vollbracht hat, sie werden als alte, gebrechliche Frau dargestellt.
D e r   G l a u b e 
ist der Glaube an Jesus, an die Barmherzigkeit Gottes und die Vergebung der Sünden, wird ebenfalls als Frau dargestellt.
M a m o n 
steht für das Vermögen und das Geld von Jedermann bezieht sich auf negative Charaktereigenschaften, die mit materiellem Reichtum einhergehen.
D e r  T e u f e l
steht für alles Negative und Böse und bezieht sich auf den schlechten Charakter und die Todsünden des Jedermann.
D e r  T o d
tritt als Vollstrecker von Gottes Willen auf.

Diese Figuren sollen dem Zuschauer eine moralische Lehre erteilen.
Vor dem zeithistorischen Hintergrund der Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts kritisiert das Stück den Verlust der Nächstenliebe, der mit dem wachsenden Wohlstand der Bevölkerung einherging. Der Fokus der Menschen lag darauf, immer mehr Geld zu verdienen. Dieses Streben wird in "Jedermann" als Mammon bezeichnet. Die Geldtruhe, die er mit vor das göttliche Gericht zerren möchte, steht als Symbol für die Vergänglichkeit irdischer Reichtümer. Keiner, auch Jedermann nicht,  kann die Vergebung seiner Sünden erkaufen.
                                                                                                                                                                                      © EKS 04/24 INF 1/03

 

 

 
 
E-Mail
Anruf